Flughafen Zürich: Bundesrat Rösti will Gesetzes-Verletzungen legalisieren
Aktuell wurde eine brisante Meldung bekannt: Bundesrat Rösti plant, die Verletzungen der Betriebszeiten am Flughafen Zürich gesetzlich zu legitimieren. Das Bazl (Bundesamt für Luftfahrt) scheint zu sekundieren: Die Einhaltung der geltenden Betriebszeiten von 06.00 bis 23.00 wird plötzlich moniert. Bevölkerungsorganisationen wie FAIR in AIR zeigen sich schockiert. Die geltende Betriebszeit in Abrede zu stellen ist für sie Irreführung der Bevölkerung.
Spät erst gilt in der Schweiz für den Flugverkehr Nachtruhe. Flugzeuge am Flughafen Zürich dürfen bis 23 Uhr landen oder starten. Danach gilt die gesetzliche Nachtruhe. Um diese einhalten zu können, müssten die letzten Flüge um 22 Uhr, spätestens um 22.30, eingeplant werden. Denn im Flugverkehr kommt es fast durchgehend zu Verspätungen. Nur, wenn die letzten Flüge mindestens 30 Minuten vor Beginn der Nachtruhe eingeplant werden, kann die gesetzliche Nachtruhe für die Bevölkerung eingehalten werden. So will es das Gesetz.
Die Verantwortlichen des Flughafen Zürichs tun das aber nicht: Sie planen die Flüge bis kurz vor 23 Uhr (22:45 Uhr). Flugzeuge müssen um 23:00 Uhr abgehoben haben. Weil die Flüge zwischen 22 und 23 Uhr aber oft verspätet sind, wird die Nachtruhe praktisch jede Nacht gebrochen. Mit der Nachtruhe-Initiative soll dem entgegengewirkt werden: Die Verantwortlichen des Flughafens sollen verpflichtet werden, die gesetzlichen Betriebszeiten von 06.00 bis 23.00 einzuhalten und ihre Planung so vorzunehmen, dass keine Flüge nach 23 Uhr landen oder starten müssen, um einen geordneten Flugplan zu gewährleisten und die Bevölkerung zu schützen.
«Durchs Hintertürchen eine Gesetzwidrigkeit legitimieren»
Doch nun opponiert ausgerechnet ein Bundesratsvertreter gegen die Einhaltung der Betriebszeiten: Bundesrat Albert Rösti will die Verletzung der Nachtruhe gesetzlich legitimieren. Das federführende Bazl (Bundesamt für Zivilluftfahrt) scheint zu sekundieren, wie nun bekannt wurde. Statt dazu aufzurufen, sich an die Betriebszeiten zu halten, nennt das Bazl die Einhaltung der bestehenden Nachtruhe neuerdings irreführenderweise eine ‘Kürzung’. Die Nachtruheinitiative will dagegen nichts dergleichen: Sie fordert vielmehr die Einhaltung der bestehenden Nachtruhe.
«Zu behaupten, bei der Einhaltung der gesetzlichen Nachtruhe handle sich um eine Verkürzung, ist Irreführung der Bevölkerung. Das ist absolut stossend», sagt Urs Dietschi, Vizepräsident der Bevölkerungsorganisation FAIR in AIR. Der Bevölkerung fälschlicherweise vorzugaukeln, die Betriebszeiten würden nicht um 23.00 enden, sei ‘einer Demokratie nicht würdig’. «Durchs Hintertürchen eine Gesetzwidrigkeit zu legitimieren: Diesem Ansinnen muss entschieden entgegengetreten werden.» Damit würde nicht nur der bereits jetzt fehlende Schutz der Bevölkerung nicht gewährleistet, sondern der Bevölkerungsschutz gar noch explizit geschwächt.
Eidgenössische Kommission betont Bedeutung der Einhaltung der Gesetze
Wie wichtig eine Einhaltung der Nachtruhe wenigstens ab 23 Uhr ist, betont unter anderem auch die Eidgenössische Kommission für Lärmbekämpfung EKLB. Denn unabhängig davon, wen es stört oder nicht: Fehlende Nachtruhe löst Schlafprobleme, Konzentrationsschwierigkeiten und weitere gesundheitliche Probleme bis zu Herz-Kreislaufstörungen aus. Das verursacht auch hohe Kosten, unter anderem im Gesundheitsbereich oder wegen Arbeitsausfällen. Besonders frappant sind die Schäden für Kinder: So zeigen Studien, dass Kinder in der Flughafenregion unter Schlaf- und Konzentrationsproblemen leiden.
Lobbyisten im Hintergrund
Wenn die schlichte Einhaltung eines Gesetzes von Lobbyisten als “verantwortungslos” betitelt wird, lässt dies aufhorchen: Für “verantwortungslos” hält es das Komitee Weltoffenes Zürich in einem Artikel des Tagesanzeigers vom 11.09.24, den Flughafen Zürich zur Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Nachtruhe von 7 Stunden zu verpflichten. Wofür Gesetze gemacht werden, wenn die Einhaltung derselben als verantwortungslos gilt, ist hier aber nicht die einzige Frage, die sich stellt.
Bundesrat Albert Rösti will nun nämlich die bereits geltende Besitzstandsgarantie für Flughäfen explizit auch auf den Betrieb ausdehnen und damit sicherstellen, dass Betriebszeiten der Flughäfen nicht eingeschränkt werden können – ein Vorgreifen in Bezug auf anstehende Volksinitiativen, das bei Fachleuten wie der Eidgenössischen Kommission für Lärmbekämpfung für Beunruhigung sorgt. Diese hat bereits vor drei Jahren klargestellt, dass der Fluglärm basierend auf neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen für die Bevölkerung mit einschneidenderen Konsequenzen verbunden ist, als bisher angenommen.
Nachtruhe-Initiative fordert Einhaltung des Gesetzes
Stein des Anstosses für Bundesrat und Lobby sind anstehende Volksbegehren, unter anderem die Nachtruhe-Initiative, die eine Einhaltung der Nachtruhe zwischen 23:00 Uhr und 06:00 Uhr fordert – Ausnahmen bleiben erlaubt. Spannend ist hierbei die Frage, ob die Ausdehnung der Besitzstandsgarantie auf den Betrieb, mit der Bundesrat Rösti den Volksinitiativen vorgreifen möchte, überhaupt Konsequenzen für diese hätte: Die Besitzstandsgarantie verhindert schliesslich nur die Einschränkung der gesetzlich vorgeschriebenen Betriebszeiten.
Tatsächlich ist eine Nachtruhe zwischen 23:00 und 06:00 Uhr bereits heute gesetzlich vorgeschrieben. Auch betonte der Flughafen vor der Abstimmung zu den Pistenverlängerungen im März diesen Jahres stets, Starts und Landungen nach 23:00 Uhr reduzieren zu wollen und damit zu mehr Nachtruhe für die Bevölkerung beizutragen. Dies hindert ihn jedoch nicht daran, im Politikbrief Nr. 64, Herbst 2024 zu betonen, dass durch die Nachtruhe-Initiative 30 Prozent der Langstreckenflüge wegfallen.
«Der Flughafen soll sich einfach an die Gesetze halten – wie Sie und ich.»
Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass die bereits heute geltende Nachtruhe von 23:00 – 06:00 bei 30% der Langstreckenflüge bewusst und geplant überschritten wird – auf Kosten der Bevölkerung – und entgegen allen Versprechen, die Nachtruhe einhalten zu wollen. «Da wir mit der Initiative keine Einschränkung, sondern die Einhaltung der vorgeschriebenen Gesetze fordern, wird auch die Besitzstandsgarantie von Bundesrat Rösti keine Gefahr für die Initiative bedeuten», meint Urs Dietschi von Fair in Air. «Der Flughafen soll sich einfach an die Gesetze halten – wie Sie und ich.»
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