Themen des Luftverkehrs
WWF CH, Flugverkehr (2018)
Die Schweiz – ein Volk von Bahnfahrern? Leider nein, wir legen im Schnitt viel mehr Kilometer im Flugzeug zurück.
Als Land der Vielflieger muss die Schweiz mehr Verantwortung für den klimaschädigenden Flugverkehr übernehmen. Ein einziger Langstreckenflug kann das Klima stärker belasten als ein ganzes Jahr Auto zu fahren. Die Auswirkungen der Emissionen auf Höhen von 8000 Metern sind deutlich grösser als am Boden. Wasserdampf, Cirrus-Wolken und Kondensstreifen reflektieren die Wärmestrahlen, die von der Erde kommen, und bauen die Ozonschicht in der Stratosphäre ab.
Aus diesem Grund ist die Fliegerei bereits für über 27% des menschengemachten Klimaeffekts der Schweiz verantwortlich – noch vor dem restlichen Verkehr (23%) und der Industrie (16%). Der Handlungsbedarf zur Beschränkung der globalen Erwärmung auf 1,5 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit ist klar: der Verbrauch fossiler Energien muss bis 2050 eingestellt werden. Dies bedingt die Fliegerei auf ein Minimum zu reduzieren.
Bundesamt für Statistik (BFS) 2020. Schweizerische Zivilluftfahrt 2019
Von der Lärmbelastung sind allein in der Flughafenregion Zürich über 65’000 Menschen betroffen. In Gemeinden wie Höri, Stadel oder Nüerensdorf beispielsweise donnern die Jets im Minutentakt so tief über die Hausdächer, dass man automatisch den Kopf einzieht. Gespräche im Freien sind kaum noch möglich, wenn gerade ein Start erfolgt ist oder eine Landung ansteht. Schlafen lässt sich höchstens bei geschlossenen Schallschutzfenstern.
Neuere Flugzeuge sind zwar tendenziell etwas leiser. Doch durch die steigenden Flugbewegungen bleibt die Belastung beträchtlich.
Es ist erwiesen, dass Lärm bereits ab 40 Dezibel krank macht. Die derzeit gültige Lärmschutzverordnung lässt aber bis zu 55 Dezibel zu. Und sogar diesen Grenzwert will die Flughafen Zürich AG nicht akzeptieren und überschreitet ihn tagsüber häufig.
Der sogenannte Zürcher Fluglärm Index (ZFI) besagt, dass höchstens 47 000 Anwohnerinnen und Anwohner stark von Fluglärm belästigt sein dürfen. Seit dem Inkrafttreten des ZFI 2007 wurde dieser Richtwert ständig überschritten und liegt derzeit bei rund 65 000 belärmten Personen. Die Zahl ist stark von der Anzahl Flugbewegungen abhängig, aber auch von der Gestaltung der Flugrouten sowie dem Bevölkerungswachstum in den betroffenen Gebieten.
Menschen, die regelmässig Lärm ausgesetzt sind, reagieren mit Nervosität, Müdigkeit, Niedergeschlagenheit, Aggressivität und Bluthochdruck. Sie leiden häufiger unter Herz-Kreislauf-Erkrankungen und sind weniger leistungsfähig. Bei Schulkindern wirkt sich Lärm negativ auf das Leseverständnis, das Langzeitgedächtnis sowie die Motivation aus. Wer nachts keinen ruhigen Ort zur Verfügung hat, wacht häufiger auf, was die Leistungsfähigkeit tagsüber beeinträchtigt.
Rund um den Flughafen leben über 65 000 Personen, die regelmässig starkem Lärm ausgesetzt sind, nicht nur tagsüber.
Stickoxide (NO?) entstehen bei der Verbrennung von Treibstoff bei hohen Temperaturen. Sie reizen die Atemwege und die Augen und schädigen die Schleimhäute.
Als stark reaktives Reizgas wirkt es auf die Schleimhäute der Atmungsorgane, vor allem die unteren Atemwege sind besonders betroffen. Akut können Hustenreiz und Atembeschwerden auftreten und Schädigungen der Schleimhäute auftreten. Aus der Reizwirkung und dem damit assoziierten oxidativen Stress resultieren des Weiteren entzündliche Prozesse, die zum Beispiel in der Lunge chronisch schädigende Wirkungen hervorrufen können.
Im Sommer kommt es zudem unter Sonneneinstrahlung zur Bildung von Ozon – einem Gas, das die Atemwege reizt. Es kann Reizhusten, Atemnot und Kopfschmerzen verursachen.
Im Umkreis von bis zu 18 Kilometern rund um Flughäfen wurden erhöhte Ultra-Feinstaubwerte gemessen. Flugzeug-Triebwerke sind die grössten Verursacher dieser extrem winzigen, gesundheitsschädlichen Partikel. Dabei handelt es sich um Teilchen, die lediglich einen Zehntausendstel Millimeter messen und somit noch bedeutend kleiner sind als gewöhnlicher Feinstaub (PM10 und PM2,5). Während Feinstaub in den oberen Bereich der Lunge gelangt, dringt Ultra-Feinstaub auch in die Lungenbläschen vor. Er kann direkt über den Riechnerv ins Gehirn gelangen, wo der die Blut-Hirnschranke durchdringt, oder über den Blutkreislauf zu den Organen.
Besonders problematisch: Während es für Feinstaub mittlerweile Grenzwerte gibt, die in der Luftreinhalteverordnung von 2018 festgeschrieben sind, fehlen diese bis anhin für Ultra-Feinstaub.
Für die insgesamt 6,7 Milliarden Franken, die der Flugverkehr jährlich kostet, kommen die Flugpassagiere zu 80% selbst auf und decken somit die Infrastruktur- und die Verkehrsmittel Kosten. Übrig bleiben die 20% Umwelt- und Gesundheitskosten, insbesondere die Klimafolgeschäden. Diese gehen fast vollumfänglich zu Lasten der Allgemeinheit. Das in der Schweizer Verfassung verankerte Verursacherprinzip wird infolgedessen stark verletzt.
Verschiedene Länder kennen bereits Flugticket-Abgaben. Insbesondere Grossbritannien hat ein griffiges System eingeführt, das Flugpassagiere in die Pflicht nimmt. In der reichen Schweiz dagegen – ein Land von Vielfliegern – hatte das klimapolitisch wichtige Instrument bis anhin keine Chance. In der Debatte über das CO2-Gesetz versenkten bürgerliche Politiker das Anliegen mit fadenscheinigen Argumenten.
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